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Blatt und gewirbelte Linie

Weltweit gibt es etwa 60 verschiedene Rebarten. Sie sind in Nordamerika und Asien beheimatet. In Europa kommt nur eine Art vor: Vitis vinifera, die „Weintragende“, aus dem Gebiet um das Schwarze und Kaspische Meer. Vor 8.000 Jahren wurde durch Anbau und Auslese aus der Wildrebe (Vitis vinifera subsp. sylvestris) die Kulturrebe (Vitis vinifera var. sativa).

 

Anders als die Kulturrebe ist die Wildrebe zweihäusig: es gibt männliche und weibliche Pflanzen. In Europa wuchsen bis ins 19. Jahrhundert viele Wildreben, bevor sie durch die Reblaus vernichtet wurden. Heute gibt es wenige Einzelexemplare am Oberrhein sowie Reste in Südeuropa und im Kaukasus. Die einhäusige Europäerrebe Vitis vinifera var. sativa wurde zur Stammmutter aller Kulturreben. Pflege, Auslese und Züchtung machten dies möglich.

Der Anbau von Reben und Weingewinnung begannen im südlichen Kaukasus. Über Mesopotamien verbreitete sich die Weinkultur nach Palästina, Ägypten und Griechenland. Ausführliche Beschreibungen erster Weinkulturen liegen jedoch nur aus dem Mittelmeerraum vor.

 

Durch eine natürliche genetische Vermischung, durch Mutationen sowie züchterische Tätigkeit entstanden zahllose Spielarten der Art Vitis vinifera, auf der auch heute meist die Produktion von Wein, Trauben und Rosinen basiert.

 

Die aus Amerika nach Europa eingeschleppte Reblaus zerstörte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Weinberge. Auf der Suche nach wirksamem Schutz erkannte man, dass dasselbe Land, aus dem das Unheil kam, auch ein natürliches Abwehrmittel zu bieten hatte: Amerikanische Wildreben widerstehen der Reblaus. Aus ihnen wurden ab 1872 Pfropfreben entwickelt, die den Weinbau erst wieder ermöglichten.

Ihre Fähigkeit zur Anpassung an Boden und Klima sowie zur Herstellung vorzüglicher Weine prägen klassische Rebsorten, die weltweit angebaut werden: Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Pinot noir (Spätburgunder), Merlot, Chardonnay, Riesling, Pinot blanc, Sauvignon blanc, Sémillon, Muskateller, Traminer und Silvaner. In Württemberg dominieren die weißen Sorten Riesling, Müller-Thurgau, Kerner, Silvaner, Traminer und die roten Sorten Trollinger, Lemberger, Schwarzriesling, Spätburgunder und Dornfelder.

Die Reben im Weinberg vermehren sich vegetativ, alle Reben einer Sorte sind genetisch identisch. Man spricht deshalb von einem Klon. Trotzdem treten dauerhafte Veränderungen auf. Aus den Mutationen können neue Sorten entstehen, wenn sie entdeckt, isoliert und vermehrt werden. Beim Burgunder gibt es berühmte Mutationen. Ausgehend vom Blauen Spätburgunder aus Burgund mutierte daraus der Graue Burgunder, aus dem wiederum der Weiße Burgunder hervorging. Eine bekannte Unterländer Mutation ist der Clevner.

 

Die Weinbauzüchtung möchte, wie bei allen Kulturpflanzen, nützliche Eigenschaften erhalten oder verbessern. Bei der Rebe sind dies vorrangig sicherer Ertrag, hohe Qualität sowie Resistenz gegen Krankheiten und Schädlinge. Frosthärte oder Trockenheitsresistenz sind weitere Eigenschaften, die angestrebt werden.

 

Im Blickpunkt steht die Kreuzungszüchtung: durch Kombination der Erbanlagen können Sorten mit völlig neuen Eigenschaften entstehen. Da unsere Rebsorten nicht reinerbig sind, ist das Ergebnis einer Kreuzung immer offen. Der Züchter muss wertvolle Eigenschaften erkennen, das Richtige aus zigtausend Pflanzen herauslesen.

Die Entwicklung einer neuen Rebsorte ist mühsam. Sie dauert meistens eine Generation lang. Bei der Kreuzung im Juni werden die Pollen auf die von Staubfäden befreiten Blüten aufgebracht. Im Herbst erfolgt die Aussaat der gesammelten Traubenkerne. Die Sämlinge müssen dann drei bis fünf Jahre gepflegt werden, bis der erste Wein gewonnen werden kann. Ein Jahr später weiß man mehr vom neuen Produkt. Weitere zehn Jahre vergehen mit besonderen Aufgaben, wie der Herstellung von Pfropfreben, der Verbesserung der Vinifikation (Prozess der Weinbereitung) und der Prüfung der Kulturansprüche sowie des Lagerverhaltens. Bis zum Eintrag einer neuen Sorte in die Sortenliste sind dann meistens drei Jahrzehnte vergangen.

Samtrot
Samtrot
Kerner
Kerner
Dornfelder
Dornfelder

Regionale Züchtungserfolge

Der Heilbronner Weingärtner Hermann Schneider fand 1928 einen neuen Spross der Burgunderfamilie, als er in seinem Weinberg mit Schwarzriesling eine Rebe mit unbehaarten Blättern entdeckte. Mithilfe des Weinsberger Rebenzüchters August Herold wurden diese Reben ausgewählt und vermehrt. Heute ist dies die eigenständige Sorte Samtrot, burgunderähnlich, aber weicher und samtiger.

 

Aus Weinsberg kamen bedeutende neue Sorten. Die nach dem Weinsberger Dichter Justinus Kerner benannte weiße Traube Kerner fand schnell Einzug in alle deutschen Anbaugebiete. Der Weinbaufachmann Dornfeld aus Weinsberg stand Pate für den markanten roten Dornfelder, der in den letzten Jahrzehnten zu einem deutschen Rotweinklassiker gereift ist.

 

Eine weitere Rotweinsorte ist Acolon, die von der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg aus den Rebsorten Lemberger und Dornfelder gekreuzt wurde. Die Rebsorte erhielt 2002 vom Bundessortenamt die Sortenzulassung und den Sortenschutz als Neuzüchtung. Acolon ist ein reiner Fantasiename.